Book Title: Jaina Versionen Der Sodasa Sage
Author(s): Frank Richard Hamm
Publisher: Frank Richard Hamm
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Page #1 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Jaina-Versionen der Sodasa-Sage * Von FRANK-RICHARD HAMM Die brahmanischen und buddhistischen Sagen, in deren Mittelpunkt der Konig Sodasa oder Saudasa steht, der eine bestimmte Zeit seines Lebens Menschenfleisch gefressen hat, sind bereits vor etwa vierzig Jahren eingehend behandelt worden. 1909 erschien im Journal of the Pali Text Society die Arbeit von Watenabe, The Story of Kalmasapada and its Evolution in the Indian Literature, S. 236-310. Offenbar unabhangig davon) veroffentlichte H. Kern 1912 in den Verslagen en mededeelingen der K. Akad. van Wetensch., Afd. Letterkunde, 4e Reeks, dl. XI (abgedruckt in Verspreide Geschriften III, 123--151): Kalmasapada en Sutasoma. Kern kannte offenbar eine jinistische Fassung der Sage noch nicht, wahrend Leumann eine ganz kurze Erzahlung aus Haribhadras Avasyakal, ka Watenabe uberliess, der sie in Leumanns Ubersetzung S. 293f. abdruckte und S. 309 den Text dazufugte --- allerdings in Sanskrit: aus welcher Quelle Leumann diese Form hatte, ist mir nicht bekannt, doch ist sie fast identisch mit I, 1. In der so reichen Erzahlungsliteratur der Jainas beider Sekten findet sich nun noch eine ganze Anzahl von Versionen der Sodasa-Sage. Nach ihrem Verhaltnis zu einander konnen sie in zwei Gruppen geteilt werden: I. (1) Haribhadra, Avasyakatika. Diesen Text durfte ich mit der gutigen Erlaubnis von Herrn Professor Schubring dem Nachlass Leumanns entnehmen, der im Seminar fur Kultur und Geschichte Indiens an der Universitat Hamburg aufbewahrt wird.2) (2) Sanghadasa, Vasudevahindi, ed. Caturavijaya und Punyavijaya, Bhavnagar 1930-31. II. (3) Vimalasuri, Paumacariya, ed. Jacobi, Bhavnagar 1914, (4) Ravisena, Padmacarita, ed. Dabarilal in der Manikcandra Digambara Jainagranthamala-samiti, Nr. 29-31, Bombay Samvat 1985. (5) Hemacandra, Trisastisalakapurusacaritra, ed. Rayabudhasimha, Bhaynagar Samvat 1963. - Zunachst folgen die einzelnen Fassungen in Ubersetzung; um Raum zu sparen, habe ich nur bei der ersten Version auch den Text dazugegeben, worauf ich bei den leichter zuganglichen Werken verzichten musste. Sodann soll das Verhaltnis der funf Texte untereinander sowie zum brahmanischen und buddhistischen Sagenkreis untersucht werden. 1) Vgl. A. Wesselski, Der gottgefallige Mord, Archiv Orientalni II (1930), 40. 2) Vgl. noch Abhidhanarajendrakosa s. v., VII 115la. Leider waren mir die Texte nicht zuganglich. 66 Page #2 -------------------------------------------------------------------------- ________________ 1,1: Haribhadra, Avasyakatika IX 32 (Leumann, Heft VIII, S. 227) Sodaso raya mamsa-ppio. amaghao. suyassa mamsam biralena gahiyam. soyariesu maggiyam, na laddham. paccha dimbharuvam mariyam, susambhiyam. jimio pucchai. kahiyam. purisa dinna: ,,marehi" tti. nagarehiml) ya nao. bhiccehi ya ,,rakkhaso" tti madhu paetta adavie pavesio2), caccare thio, gayam gahaya dine (2) manusam marei. - kei bhananti: virahe janam marei. Der Konig Sodasa liebte Fleisch. (Einst wurde ein) Schlachten (anbefohlen). Eine Katze stahl dem Koch das Fleisch. (Der Koch fragte) bei den Schlachtern (nach Fleisch), erhielt (aber) keines. Da totete er ein Kind und bereitete es zu. (Als der Konig) gegessen hatte, fragte (er den Koch nach der Herkunft des Fleisches). (Der) erzahlte (es ihm). (Sodasa) befahl (seinen) Leuten: ,,Totet (auch zukunftig Kinder)!" -- (Der Konig wurde) von den Stadtbewohnern entdeckt. Die Diener dachten ,,Er ist ein Rakkhasa", gaben ihm Schnaps zu trinken und brachten (den Berauschten) in den Wald. Er wohnte an einem Kreuzweg und totete mit einem Knuppel Tag fur Tag einen Menschen. -- Einige erzahlen: er totete die Leute in der Einsamkeit. (Den Schluss s. unten S. 72). 1,2: Sanghadasa, Vasudevahindi S. 197, 5--21. (S. 194f. wird erzahlt: Vasudeva kommt auf seiner Irrfahrt nach Tilavatthuya. Als er abends in die Stadt Einlass begehrt, wird er abgewiesen, da das Land von einem Menschenfresser heimgesucht wird und man nach der festgesetzten Zeit niemandem mehr das Tor offnet. So geht er in den Tempel in der Nahe der Stadt, schliesst dessen Tur und legt sich schlafen. Um Mitternacht erwacht er davon, dass ein Mann laut brullt, er solle die Tur offnen, sonst werde er den Turflugel zerbrechen und Vasudeva toten. Der antwortet: ,,Geh weg, bring mich nicht um meinen Schlaf, sonst mache ich dich stumm!"9) Darauf schreit der Kerl noch heftiger. Als nun Vasudeva die Tur offnet, sieht er einen furchtbaren, riesigen nackten Kerl mit einer Stange in der Hand stehen. Es kommt gleich zum Kampf, in dem Vasudeva schliesslich siegt. -- Am nachsten Morgen kommen die Stadtbewohner dorthin, da sie aus dem Geschrei geschlossen haben, Vasudeva sei aufgefressen worden. Da sehen sie neben dem Tempel den Menschenfresser tot liegen; nach hoflicher Begrussung bringen sie Vasudeva im Triumph zur Stadt. Er fragt dann eine Alte, wer der Menschenfresser gewesen sei; da erzahlt sie ihm:) Dieser, der Sohn des Konigs von Kancanapura namens Soyasa, war lustern auf Fleisch (speise). Einst ordnete der Konig ein Schlachten an. Da brachten die Leute des Soyasa Pfauen vom Vamsagiri als Fleisch fur den Prinzen. Der Pfau aber, der schon zubereitet war, wurde dem unaufmerksamen Koch von einer Katze ge 1) nagarena Text. 2) Hs. ,,S", pavittho Hss. BS. 3) avasaraha, ma me unniddayam kareha, ma te sikkhavayam kaham, eig. ,,damit ich dich nicht zum Sterbefasten bringe", denn in diesem Zusammenhang wird das Wort sikkhavaya "biksavrata' wohl diese Bedeutung haben. 67 Page #3 -------------------------------------------------------------------------- ________________ stohlen. Aus Angst vor dem Prinzen ging (der Koch) fort, um Fleisch (zu besorgen und dachte:) ,,Wo bekomme ich bloss irgend etwas zu essen her ?" Im Stadtgraben sah er einen Jungen verlassen liegen, der da umgekommen war.1) Von dem (nahm er) Fleisch, bereitete es zu und setzte es zur Essenszeit dem Prinzen Soyasa vor. Der fand es schmackhaft und sagte nach der Mahlzeit zum Koch: ,,Warum kochst du mir sonst nicht Derartiges, da du es doch kannst ?" Nachdem er Straffreiheit erbeten hatte, sagte (der Koch): ,,Herr, ich werde Euch unter vier Augen den Grund sagen", und erzahlte dann mit zusammengelegten Handen die Wahrheit. (Der Prinz) war zufrieden, lobte den Koch und sagte zu ihm: ,,Lieber, jetzt ist Schluss mit anderm Fleisch, taglich soll es so (wie heute) sein." Von nun an suchten seine Leute nach umgekommenen Kindern, und als sie keine (mehr) fanden, toteten sie heimlich welche. (Soyasa) wurde auf Menschenfleisch ganz versessen und wollte kein anderes mehr. Insgeheim setzte der Konig um des Leides der Stadtbewohner willen, (deren Kinder so verschwanden,) Polizisten ein. Die griffen die Leute des Prinzen auf. Als man sie verhorte, antworteten sie: ,,Auf Geheiss des Herrn Soyasa bringen wir Leichen, die keiner bewacht, und Lebende, die wir totschlagen, als Fleisch herbei." Der Konig uberlegte hin und her, rief (schliesslich) zornig (seinen Sohn zu sich) und verbannte ihn. (Von da an) totete er einsam (Leute) und frass das Menschenfleisch roh oder gekocht. Besessen von einem Rakkhasa ist er auf seiner Wanderung in dies Land gekommen. Alle Leute sind aus Furcht vor ihm hierher (in die befestigte Stadt) gekommen. Wen (der Menschenfresser) sah, den totete er mit einem einzigen Schlag seines Stockes und frass ihn auf. Auch einen Bewaffneten achtete er fur nichts. -- Nun hast du die Leute (vor ihm fur immer) gerettet. (Die weitere Erzahlung ist fur uns ohne Belang.) 11,3: Vimalasuri, Paumacariya 22,72--78; 90. Wahrend der ,,Acht Tage" ass niemand im Geschlecht des Konigs Sodasa zu den drei (Mahl)zeiten Fleisch. Infolge seiner fruheren Taten ass dieser aber auch an diesen Tagen Fleisch. Er sprach zum Oberkoch: ,,Bring mir schnell Fleisch!" - Da kam wieder einmal das Achttagefest des Nichttotens, das den Jinas geweiht ist. Weil (der Koch) kein Fleisch bekommen konnte, gab er ihm Menschenfleisch. Der Konig war dem (Genuss) von Menschenfleisch verfallen und frass viele Kinder von Stadtbewohnern. Da wurde er mit dem Koch zusammen von seinem Sohn vertrieben. Sein tugendhafter Sohn Siharaha, der Sohn der Kanayabha, wurde in dieser Stadt vom ganzen Militar in die Herrschaft eingesetzt. -- Weil die Nahrung (des Verbannten) dauernd aus Lowenfleisch bestand, wurde er auf der Erde unter dem Namen Sihasodasa bekannt. Als er umherwanderte, sah er im Suden einen Siyambara (Svetambara). Da begann er, ehrfurchtig bei ihm den Dharma zu horen. (Vers 80 bis 82 Predigt uber die beiden Abteilungen des Dharma, d. h. uber den Dharma der Monche und den der Laien, die verschiedenen Gelubde und uber das Aufgeben von Rauschtrank und Fleisch. Sihasodasa erklart 2) balaruvam... sayam-mayam... difpham, eig. ,,von selbst gestorben", d. h. nicht getotet. 68 Page #4 -------------------------------------------------------------------------- ________________ sich bereit, den Dharma anzunehmen, aber er will nicht auf das Fleischessen verzichten. 83-89 folgt eine Rede des Monches daruber, wie verwerflich gerade das Essen von Fleisch ist und welche Strafen darauf folgen.) Nachdem er diese Rede des Monches gehort hatte, wurde Sodasas Herz aus Furcht vor den (ihm angedrohten) Leiden reumutig, und er wurde Laie. (Schliesslich kommt er nach Mahapura, wo gerade der dortige Konig gestorben ist. Man macht Sodasa zum Konig. Nun fordert er von seinem Sohn die Unterwerfung, und als der sie ihm verweigert, kommt es zum Kampf. Sodasa siegt zwar, wird aber dann Monch.) II,4: Ravisena, Padmacarita 22,132-148. Wenn das Caturmasi-Fest?) gekommen war, ass in Saudasas Geschlecht acht Tage lang niemand Fleisch, wenn einer auch (sonst) Fleisch zu essen liebte. Dadurch dass irgend eine unreine Handlung (,die Saudasa in einer fruheren Existenz begangen hatte,) jetzt ihre Frucht trug, entstand in ihm der Wunsch, auch an diesen Tagen Fleisch zu essen. Einst rief er den Koch zu sich und sagte ohne Umschweife: ,,Lieber, mir ist der Wunsch gekommen, jetzt Fleisch zu essen." (Der Koch) antwortete: ,,Herr, du weisst, dass an diesen Tagen, die der Verehrung der Jinas geweiht sind, auf der ganzen Erde nicht getotet wird." Wieder sagte der Konig zum Koch: ,,Ich sterbe, wenn ich das jetzt nicht esse! Das bedenke und tue. nun, was rechtens ist. Was sollen da noch Worte?" Als der Koch erkannt hatte, in welchem Zustand der Konig war, ging er aus der Stadt; (dabei) sah er einen toten Knaben, der am selben Tag im Graben verungluckt war. Er zog ihm die Kleider aus, nahm ihn mit, bereitete ihn mit schmackhaften Dingen zu und gab (dies Gericht) dem Konig (mit den Worten:) ,,Du wunschtest etwas Vorzugliches ( ?mukhyagocara) zu essen." (Des Konigs) Herz war erfreut und durchdrungen von dem sussen Wohlgeschmack des Fleisches. Als er gespeist hatte, stand er auf, unterhielt sich freundlich mit dem Koch und sagte: ,,Erzahl mir (doch), mein Lieber, woher hast du solch Fleisch bekommen, dessen uberaus guten Geschmack ich noch nie zuvor gekostet habe?" Er bat sich Straffreiheit aus und erzahlte dann, wie es gewesen war. Da sagte der Konig: ,,So soll es (von jetzt an) immer gemacht werden." Von da an gab der Koch den Kindern Sussigkeiten, und deshalb kamen die Kinder taglich zu ihm. Die Kinder, die die Sussigkeiten genommen hatten, totete er schliesslich und gab sie regelmassig dem Konig, nachdem er sie zubereitet hatte. Als taglich der Kinder der Stadtbewohner weniger wurden und man den Konig (als Tater) festgestellt hatte, wurde er von den Stadtern zusammen mit dem Koch aus dem Lande verwiesen. Sein Sohn, den (seine Frau) Kanakabha geboren hatte, wurde von den Stadtbewohnern in die Herrschaft eingesetzt, und alle Fursten huldigten ihm. Saudasa, der so sehr am Geschmack von Fleisch hing, frass (schliesslich) den Koch auf und wanderte auf der Erde umher voller Leid; dabei nahrte er sich von verlassenen Leichen. Weil ihm auch Lowenfleisch als Nahrung diente, wurde er als Simhasaudasa bekannt. 1) Am Ende der Regenzeit; sonst caturmasya genannt. 69 Page #5 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Als er sich im Suden aufhielt, traf er auf einen Digambara; er horte den Dharma und wurde ein eifriger Laie. (Die weiteren Ereignisse wie bei Vimalasuri.) II,5: Hemacandra, Trisastisalakapurusacaritra VII,4,85-100. Am Tage nachdem Sodasa die Herrschaft erlangt hatte, nahm der Konig Naghusa (sein Vater,) die Monchsweihe, dies einzige (Mittel, das zur) Seligkeit tauglich ist. Im Reich des Konigs Sodasa verkundeten die Minister am Achttagefest der Arhats ein Verbot des Totens (fur diese Zeitspanne), wie (es) bei den fruheren Herrschern (ublich gewesen war), und sagten zu Sodasa: ,,Am Achttagefest der Arhats assen deine Vorfahren kein Fleisch, iss also du auch keins." Sodasa aber, der das Fleischessen sehr liebte, sagte zum Koch: ,,Du musst mir unter allen Umstanden von nun an heimlich Fleisch bringen." Aber der Koch bekam, als das Verbot des Totens verkundet worden war, nirgendwoher Fleisch, - denn nirgends bekommt irgend jemand etwas, das es sowenig gibt wie eine Luftblume. ,,Nirgends gibt es Fleisch, mich aber plagt der Befehl des Konigs, - was soll ich machen?", so uberlegte der Koch; da sah er einen toten Knaben. Von diesem toten Jungen nahm der Koch Fleisch, machte es mit verschiedenen Kunstgriffen zurecht und gab es dann dem Sodasa. Als Sodasa nun dies Fleisch ass, sagte er: ,,Ach, was hat dies Fleisch fur einen guten Geschmack!" Er fragte den Koch: ,,Von welchem Lebewesen ist dies Fleisch, das ich in meinem ganzen Leben noch nicht (gegessen habe)? Sag mir alles!" Der Koch gestand: ,,Es ist Menschenfleisch", und der Konig sprach weiter: ,,Taglich sollst du wie heute mir Menschenfleisch zubereiten und geben." Deshalb raubte nun der Koch in der Stadt taglich Knaben; denn es gibt auch bei verbotenen Taten, wenn sie vom Konig befohlen werden, keine Furcht (fur die Untertanen). Die Minister erkannten, dass der Konig solche schrecklichen Taten beging und bestraften ihn, indem sie ihn verstiessen wie eine Schlange, die aus einer Familie aus dem Wald herstammt, und (dann) weihten sie Sodasas Sohn Simharatha zum Konig. Sodasa aber wanderte auf der Erde herum und ass ohne Hemmung Fleisch. Und eines Tages sah Sodasa auf seiner Wanderung im Suden einen Monch (maharsi); den fragte er nach dem Dharma. Der heilige Mann (mahamuni) erkannte, dass (Sodasa) der Erleuchtung fahig war und lehrte ihn den Dharma der Arhats, dessen Hauptstuck die Enthaltsamkeit von Alkohol und Fleisch ist. Und Sodasa erschrak sehr, als er den Dharma gehort hatte; (dann) beruhigte er sein Herz (d. h. er reinigte es von den bosen Trieben) und wurde ein frommer (parama) Laie. (Das Weitere wie bei Vimalasuri und Ravisena.) Jeder dieser funf Texte hat gewisse Eigenheiten, die die anderen nicht bringen. Haribhadra erwahnt als Einziger, dass die Stadtbewohner den Sodasa fortschafften, nachdem sie ihn betrunken gemacht hatten. Sanghadasa weicht von allen anderen Fassungen darin ab, dass Sodasa Sohn des Konigs ist, und demgemass ist Page #6 -------------------------------------------------------------------------- ________________ es sein Vater, der ihn mit Verbannung bestraft. Dazu kommt bei Sanghadasa, dass er von einer Bekehrung Sodasas nicht weiss. Die Bekehrungsgeschichte, die Haribhadra bringt, wird uns noch am Schluss beschaftigen. Beide Texte wissen nichts von einer Einsetzung Siharahas, die bei Sanghadaasa ja auch sinnlos ware. Ihre Zusammengehorigkeit zu einer Gruppe erweist sich klar durch folgende Einzelheiten: 1) In beiden Texten wird von einer Schlachtung (amaghaya) gesprochen im Gegensatz zu Text 3-5, wo der Tag, an dem Sodasa Menschenfleisch kennenlernt, gerade ein Festtag ist, an dem ausdrucklich der Fleischgenuss verboten ist. 2) Das Fleisch wird von einer Katze (birala) gestohlen: Text 3-5 erzahlen nur, dass der Koch wegen des Feiertages kein Fleisch bekommen konnte. 3) Sanghadasa berichtet, ein Rakkhasa habe den Sodasa in die Gegend von Tilavatthuya gebracht, - Haribhadra erzahlt, die Leute hatten geglaubt, ihr Konig ware ein Rakkhasa. 4) Sowohl Haribhadra wie Sanghadasa gebrauchen z. T. die gleichen, z. T. synonyme Worte: maysa-ppiya-mamsa-lola; amaghaya; birala; dimbha-ruva-bala-riva. Diesen beiden Texten stehen deutlich die drei anderen gegenuber. Ihre Besonderheiten sind ohne Relevanz: Vimalasuri bringt die Predigt des Monches ausfuhrlich, wahrend Ravisena und Hemacandra sich mit der Feststellung begnugen, dass Sodasa im Suden einen Monch (der bei Ravisena [Vers 148] naturlich ein Digambara ist wie Ravisena selber) trifft. Auch dass Sodasa den Dharma nicht sogleich annimmt, ist ein Sonderzug Vimalasuris, Ravisena hat als Besonderheit die Art, wie der Koch zum Fleisch der Kinder kommt. Auch nennt er deutlicher als die beiden anderen Texte den Namen des Festes. Vimalsuri und Ravisena zusammen haben gegenuber Hemacandra gemeinsam, dass Sodasa durch sein karman zum verbotenen Fleischessen pradisponiert ist; weiter, dass er in der Verbannung Lowenfleisch isst und deshalb den Namen Sihasodasa erhalt. Auch erzahlen allein sie, dass er den Koch in der Verbannung auffrisst. - Hemacandra endlich begnugt sich nicht mit der Feststellung, dass man im Geschlecht Sodasas an jenem Fest kein Fleisch iSst, sondern er lasst die Minister den jungen Konig daruber belehren. - Die die zweite Gruppe verbindenden Punkte, die sie deutlich von der ersten scheiden, bedurfen nunmehr wohl keiner Aufzahlung..-- Welcher der beiden Schriftsteller der ersten Gruppe der altere ist, ist leicht zu entscheiden: Alsdorf hat im Anschluss an Jacobi (Sthaviravalicarita, 2nd edition, Calcutta 1932 S. VIIIf.) im,,Harivamsapurana" S. 35 das Alter der Vasudevahindi als bedeutend hoher als das 6. Jh. n. Chr. angesetzt. Haribhadra gehort dem 8. Jh. an. Darauf, dass Haribhadra auch fur unsere Sage noch einer anderen Quelle gefolgt ist, die wesentlich alter ist, werden wir gleich noch zuruckkommen. Die Abhangigkeit Ravisenas von Vimalasuri zu erweisen ist hier nicht der Ort; ich hoffe dies in grosserem Zusammenhang in einer Arbeit uber die Rama-Sage bei den Jainas tun zu konnen. Vimalasuri ist jedenfalls der altere Autor, dem Ravisena in allen wesentlichen Dingen getreu nachfolgt und den er fast nur ausschmuckt. Da Vimalasuri und Hemacandra Svetambaras sind, liegt die Annahme nahe, dass dieser jenem gefolgt ist.") 1) v. Kamptz,,,Uber die vom Sterbefasten handelnden alteren Painna des Jaina-Kanons", hat S. 33 auf die Geschichte vom menschenfressenden Konig Manabhanga in Somaprabhas 71 Page #7 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Wir haben uns schliesslich nach dem Verhaltnis des jinistischen Sagenkreises um Sodasa zum brahmanischen und buddhistischen zu fragen. Dabei ergibt sich zunachst die deutliche Abgrenzung des brahmanischen einerseits und der beiden anderen andererseits. Die brahmanische Sage um Saudasa Kalmasapada ist wohl sicher atiologisch; in ihrem Mittelpunkt steht der Fluch, den Saudasa auf sich gezogen hat und der ihn dazu verurteilt, eine Zeitlang Menschenfleisch zu essen. Von einer eigentlich personlichen Schuld -- wenn diese Formulierung uberhaupt gestattet ist -- kann, jedenfalls fur dies Tun, bei ihm nicht die Rede sein, der eigentlich Schuldige ist der Raksasa, der ihn in verschiedenen angenommenen Gestalten - einmal als Vasistha, dann als Koch - in sein Verhangnis treibt. -- Dagegen ist der Charakter der buddhistischen und der jinistischen Fassung moralisch, wie es bei fast allen Erzahlungen dieser Religionen der Fall ist. Die Verwandtschaft dieser beiden Kreise nun ist allerdings erheblich. Als Typ des buddhistischen Kreises wahle ich das (837.) Mahasutasomajataka (Fausboll V 456-511). Entsprechend dem ,,Achttagefest" der Gruppe II wird das Toten und Fleischessen an den Uposatha-Tagen verboten, 458,7f. Bei Gruppe I ist es eine Katze, die dem Koch das Fleisch stiehlt - im Jataka 458,19 sind es Hunde. S. 471 wird erzahlt, wie der verbannte Konig - der im Jataka allerdings den nichtssagenden Namen Brahmadatta tragt - den Koch schlachtet und verspeist, was Vimalasuri und Ravisena ebenfalls wenigstens erwahnen. Schon diese Zuge werden kaum zufallig sein, sondern deuten auf eine Abhangigkeit von der einen oder andern Art. Die engste Verbindung zeigt aber Haribhadra am Ende seiner Fassung, das ganz anders ist als der Schluss der Texte 2-5. Es heisst da, im gleichen Telegrammstil, der den Zusammenhang nicht in jedem Punkt klar werden lasst: ten 'antena sattho jai. tena suttena na veio. sahu ya avassayam karenta phidi ya. te datthuna olaggai. tava-teena na sakkei allium. cintei. dhamma-kahanam. pavajja. - anne bhananti: so bhanai sahu vaccante: ,,,thaha!" sahu bhananti: ,,amhe thiya, tumam ceva thahi!" cintei. sambuddho. Schliesslich ging eine Karawane (dorthin). Da sie eingeschlafen war, bemerkte (Sodasa) sie nicht. Die Monche (welche? Wir mussen annehmen, dass sie sich der Karawane angeschlossen hatten) beteten das Avasyaka und entkamen. (Sodasa) bemerkte sie und folgte ihnen) (?), konnte sie aber infolge (ihrer) Tapas-Macht nicht erreichen. Er dachte nach, (horte eine) Predigt und wurde Monch. - Andere berichten: Er rief den wandernden Monchen nach: ,,Bleibt stehen!" Die Monche antworteten: ,,Wir stehen, steh auch du!" Er dachte nach. Er erlangte die Erleuchtung. Die hier gesperrten Worte fuhren uns auf den Palikanon, und zwar auf das Kumarapalapratibodha (S. 37) verwiesen. (Diesen Hinweis verdanke ich der Freundlichkeit von Herrn Prof. Schubring.) Der Anfang dieser Geschichte ist der von Sodasa so ahnlich, dass von einer zufalligen Ubereinstimmung keine Rede sein kann. Da die Ahnlichkeit sich auf den Anfang beschrankt, ist hier von einer naheren Besprechung abgesehen worden. Wir durfen wohl voraussetzen, dass Somaprabha von den oben mitgeteilten Versionen der SodasaSage am ehesten die Fassung der Avasyaka-Tradition gekannt hat. 72 Page #8 -------------------------------------------------------------------------- ________________ Angulimalasutta (Majjhimanikaya 5, II, S. 97-105 PTS). Die Haribhadra entsprechenden Worte stehen S. 99:, ittha samana, tittha samana" ti. ,,Thito aham, Angulimala, tvam ca tittha" ti. Da di roben zitierte Jataka die Geschichte des vom Buddha bekehrten Angulimala in e ver fruheren Existenz erzahlt, wundert es uns nicht, diese Szene mit fast denselbe 1 entscheidenden Worten auch dort, S. 474f. wiederzufinden. Es ist nur eine az tere Person, mit der der spatere Angulimala diese Worte wechselt, namlich der Yakkha, unter dessen Baum der Menschenfresser wohnt, aber in der angenom: enen Gestalt eines Monches. Wenn wir uns erinnern, dass Hari Dadra seine schriftstellerische Tatigkeit nicht nur seiner eigenen Religionsgemein.chaft gewidmet hat, sondern auch z. B. einen Kommentar zur Astasahasrikapra, 1aparamita schrieb, wird die Kenntnis der Angulimala-Legende gerade bei diesem Schriftsteller verstandlich. - Wir konnen also zu den zahlreichen bereits bekannten Beziehungen zwischen der buddhistischen und jinistischu* Erzahlungsliteratur nun auch die Sage von Sodasa stellen. Beide Religionen ben aus dem allgemeinen Quell der mundlichen und schriftlichen Marchentra lition geschopft und das aus den Erzahlungen gemacht, was jeweils ihren Belange 1 entsprach. Es durfte nicht nur schwer sein, in jedem Falle den Entlehner so sicher festzustellen, wie im Falle Haribhadras, sondern die Frage nach der Quells ist sicherlich nicht uberall berechtigt. Jeder nahm, wo er etwas fand, und die zahlungsuberlieferung ist auf weite Strecken anonym.